Lange Zeit galten die Schattenwolf-Gestaltwandler als ausgestorben und hielten sich im Verborgenen – sie jagten, verfolgten und töteten diejenigen, die ihre geliebten Omegas bedrohten. Sie dachten, sie würden ihre Schicksalsgefährten niemals finden… aber sie täuschten sich.
Schonungslose Kapitulation: Eine teuflische Schattenwolf Romanze
Es gibt kein Entrinnen vor einem Schattenwolf auf der Jagd…
Bez von den Schattenwolf-Gestaltwandler wird sogar von seiner eigenen Art gefürchtet und weiß genau, wie er jeden Kampf gewinnen kann. Selbst wenn das bedeutet, dass er auf dem Weg dorthin Kollateralschäden in Kauf nehmen muss. Eine einfache Mission in den Sumpfgebieten, zur Rettung einer jugendlichen Wolfsgestaltwandlerin hätte für einen Mann mit seiner Ausbildung ein einfacher Job sein sollen, aber nichts ist einfach, wenn das Schicksal sich einmischt.
In einer Nacht wurde Omega Sariel von einer freien, alleinstehenden Wölfin zu einer Gefangenen mit einem Teenager-Mädchen, auf das sie aufpassen musste, und ein paar Wachen, die ihr das Leben schwer machen wollten… oder was davon übrig war. Dann kommt ein Soldat mit Augen wie Eis dazu, und der Paarungsruf beginnt. Er ist zu hart, zu rau, zu mörderisch… aber wenn dein Leben auf dem Spiel steht, ist ein tödlicher Kämpfer an deiner Seite besser als allein dazustehen. Besonders ein Kämpfer, der keine Angst hat, sich mit ihr ein wenig schmutzig zu machen.
Zwei entführte Frauen, ein gefährlicher Soldat, der nicht weiß, dass er gleich mit seinem Schicksal konfrontiert wird, und ein Monster, das alles zerstören will, was sich ihm in den Weg stellt. In der Welt der Schattenwölfe ist eine Rückholung eine einfache Mission für die Einheit von Soldaten, die ihr Rudel bilden. Aber dieses Mal sorgt ein einziger Blick dafür, dass die Einfachheit sich in Luft auflöst, und zwingt Bez dazu, sich alleine durchzuschlagen.
Ein Soldat, ein Kampf… eine Chance auf die Ewigkeit.
Kapitel Eins
Wir haben ein Problem.
Melde dich sich sofort bei den Privatwohnungen.
Bez löschte die SMS, steckte sein Telefon ein und kehrte um. Die Wachen von Merriweather Fields nickten ihm zu, als er sich an ihnen vorbei pirschte. Einer nach dem anderen gab sich jeder Wandler, der an einem Sicherheitspunkt stationiert war, ohne weitere Fragen zu erkennen. Bez hatte nichts Anderes erwartet. Die bloße Anwesenheit eines seiner Rasse Zugehörigen ließ selbst die stärksten Wandler nach Angst und Unterwerfung stinken. Dennoch blieben die Wachen standhaft, als er vorbeiging – sie fürchteten sich, liefen aber nicht davon. Tapfer wehrten sie sich gegen ihre eigene Feigheit. Bez respektierte das. Das private Sicherheitspersonal des Präsidenten der Nationalen Vereinigung der Lykan-Bruderschaft konnte wenigstens seinen Posten halten, wenn eines der tödlichsten Wesen ihrer Welt an ihnen vorbeizog. Nicht, dass sie genau wussten, was er war.
Bez knurrte leise und tief, als er an zwei weiteren Wachen vorbeikam. Keiner von ihnen hinterließ mehr als einen kurzen Eindruck bei ihm. Dennoch katalogisierte seine Wolfsseite ihre Gesichtszüge und Gerüche. Er merkte sich jedes Detail, das sie von den anderen unterschied. Die Wachmänner hätten einer Studie über dominante Wandler-Genetik entsprungen sein können. Jeder Mann glich dem anderen: groß, muskulös und hinterhältig, die Art von Wandler, der sich die meisten anderen ohne Aufforderung unterwerfen würden. Die meisten anderen… aber nicht er.
Mit großen Schritten jagte er den Teppich im Flur entlang und musste fast grinsen bei dem Gedanken, sich irgendwem zu unterwerfen – besonders einem der kleinen Haustiere des Präsidenten. Die sieben Mitglieder von Bez‘ Rasse respektierten Blaze, waren sich einig, dass er seine Position verdient hatte, aber das bedeutete nicht, dass sie sich unterordnen würden. Glücklicherweise verstand Blasius die Dynamik des Rudels, als er Bez‘ Brüder gebeten hatte, mit ihm zu arbeiten. Blasius mochte der Präsident der NVLB sein, der herrschenden Macht über alle Wandler im Land, aber selbst er versuchte nicht, irgendetwas von den Sieben zu verlangen. Er gab Befehle, die das Team befolgte, aber nicht, weil sie es mussten, sondern weil sie ihn genug respektierten, um es freiwillig zu tun. Aber am Ende waren Bez und die anderen Sechs ein eigenes Rudel, eine gesonderte Rasse.
Die Schattenwölfe. Eine Rasse für sich, umhüllt von Geheimnissen. Ein Eliteteam von Soldaten, Fährtenlesern, Hackern und allesamt narzisstische Arschlöcher, die schon Jahrtausende lang Seite an Seite kämpften. Sie waren die Männer, die man rief, wenn die Besten nicht gut genug waren, wenn Kreaturen verschiedener Arten schnell gefunden oder leise zur Strecke gebracht werden mussten… Und Bez war von dem einzigen Mann außerhalb seiner eigenen Rasse gerufen worden, dem er immer zu Hilfe eilte, wenn er ihn brauchte.
Mit gesteigerten animalischen Instinkten, einem größeren Körperbau als der durchschnittliche Mann und einem höheren Maß an Kontrolle über beide Seiten ihrer Natur als gewöhnliche Wandler, waren die sieben Männer in Bez‘ Rudel eine beispiellose Kraft innerhalb der Gestaltwandlergemeinschaft. Eine, die vom Präsidenten der NVLB handverlesen wurde, um sich in ihren überschneidenden Anliegen zu unterstützen. Die meisten Gestaltwandler betrachteten die sieben Auserwählten als Teil der Putzer, die Truppe die Blasius jederzeit bereithielt, um die Geschäfte der NVLB zu erledigen. Aber Bez‘ Rudel war noch mehr, als diese Bezeichnung beinhaltete. Nicht, dass der Rest der Wandler-Bevölkerung ihr Geheimnis kannte.
„Putzer Beelzebub. Präsident Zenne erwartet mich“, sagte Bez, als er den Nordflügel des als Merriweather Fields bekannten Anwesens erreichte. Der Wachmann, der schon seit drei Jahren auf diesem Posten stationiert war, nickte und bewegte sich auf den verschlossenen Eingang mit massiven Doppeltüren zu. Dabei ignorierte er die Sicherheitsvorkehrungen, von denen sie beide wussten, dass sie normalerweise strengstens zu beachten waren, bevor jemand Zugang zum Präsidenten bekam.
Bez knurrte und ließ das Geräusch lauter werden, während er auf den Netzhautscanner und das Tastenfeld neben der Tür deutete. „Hast du nicht etwas vergessen?“
Der Adamsapfel des Wächters wippte, als er schwer schluckte. Er hielt seinen Kopf gesenkt und die Augen abgewandt, um sich dem stärkeren Wolf zu unterwerfen. „Präsident Blasius wartet auf Sie, Sir.“
Bez machte ein brummendes Geräusch, als der Wachmann die Tür öffnete. Netzhautscan übersprungen, Identität des Besuchers nicht bestätigt.
„Bez.“ Dante, Blasius‘ langjähriger Gefährte, begegnete Bez an der Tür, seine Augen waren leer, seine Miene besorgt. „Danke, dass du so schnell gekommen bist.“
Bez nickte, als er über die Schwelle trat, und registrierte jedes winzige Detail des dunkelhäutigen Gestaltwandlers. Denn das war es, was er tat… er achtete auf Kleinigkeiten. Es war eine nützliche Fähigkeit, eine, die ihm bei seiner Arbeit als Fährtenleser gute Dienste leistete. Er vergaß nie ein Gesicht, eine Form oder einen Schatten.
Sobald der Riegel einrastete, stöhnte Bez. „Feuert diesen Wachmann. Er ist nicht Wolfs genug, um die letzte Verteidigungslinie zwischen dem Feind und Blaze zu sein.“
Dante sah nicht überrascht aus. Bez und sein Team von Schattenwölfen arbeiteten schon zu viele Jahre für den Präsidenten und Dante, um sich nicht mit ihnen zu verstehen. Innerhalb einer Stunde würde der Mann an der Tür verschwunden sein.
Der private Flügel von Präsident Blasius Zenne – seinen treuesten Verbündeten als Blaze bekannt – war ein Ort, den die meisten Gestaltwandler niemals zu Gesicht bekämen. Blaze und seine Gefährten waren lebende, atmende Ziele für jede Art von Gestaltwandler, Mensch oder Bestie, der Zugang zur Macht der NVLB haben wollte. Aber Bez war nicht wie die meisten Gestaltwandler; er war oft genug in den inneren Kreisen willkommen geheißen worden, um einen neuen Kronleuchter zu bemerken, der im Foyer hing und ein Bild beleuchtete, das rechts davon auf dem Tisch stand. Und auf diesem Bild waren die drei Wölfe zu sehen, die die mächtigste Triade Nordamerikas bildeten.
Die beiden Männer schritten in schnellem Tempo den Flur hinunter, keiner sagte ein Wort. Erst als Dante die schweren Türen am Ende des Foyers schloss, die den Wohnbereich von allen, die draußen waren, schützten und schalldicht abschirmten, sprach er.
„Was ist das Problem?“, fragte Bez, sobald die Tür ins Schloss fiel.
„Sie haben sich eine weitere Omega geschnappt.“
Bez unterdrückte sein Knurren nicht, als er sein Tempo beschleunigte, und seine Stiefel hart auf dem Marmorboden aufschlugen. Omegas – besonders seltene, mächtige weibliche Wolfsmenschen – verschwanden seit geraumer Zeit auf dem ganzen Kontinent. Bis jetzt hatten weder die NVLB noch die Putzer und Schattenwölfe auch nur den Hauch eines Hinweises darauf, was mit ihnen geschehen war oder wohin man sie gebracht hatte. Die Frustration seines Teams befand sich auf einem Allzeithoch, der Mangel an Informationen setzte sie unter enormen Druck. Wenn es etwas gab, das die Schattenwölfe mehr respektierten als alles andere, dann war es die angeborene Kraft einer Omega-Wölfin. Die Geschichte deutete darauf hin, dass die Omegas von ihnen abstammten. Die Welt hielt Schattenwölfe für ausgestorben, aber Bez und seine Rasse waren der Beweis, dass sie überlebt hatten. Die Angriffe auf die Omegas kam einem Angriff auf das Rudel der sieben Schattenwölfe so nahe wie nichts, was sich bisher ereignet hatte, und die Männer würden alles tun, was in ihrer Macht stand, um die Omega-Entführer zur Strecke zu bringen und die Frauen zu retten.
Dante führte ihn einen Seitenflur hinunter und in das private Büro des Präsidenten, wo Blaze mit seiner zweiten Gefährtin, einer weiblichen Gestaltwandlerin namens Moira, vor mehreren Karten und anderen Papieren saß. Nur die mächtigsten Gestaltwandler waren mit zwei Gefährten gesegnet, um eine schicksalhafte Triade zu bilden. Nur eine weitere Erinnerung an Blasius Zennes angeborene Stärke.
„Blaze, er ist hier“, sagte Dante, als sie eintraten. Der Mann blickte auf, seine blauen Augen waren hart. Blaze nahm seinen Job und seine Verantwortung gegenüber den anderen Wolfsgestaltwandlern ernst. Jeder, der das bezweifelte, brauchte ihm nur in diesem Moment in die Augen zu sehen, und die Wut, die dort loderte, würde es ihn glauben lassen. Der Verlust einer weiteren Omega war nichts, was Blaze auf die leichte Schulter nehmen würde.
„Danke, dass du so schnell gekommen bist.“ Blaze stand mit einer animalischen Anmut auf, ein eindeutiges Zeichen dafür, dass sein Wolf nahe an der Oberfläche seines Bewusstseins war. Bez bemerkte den raubtierhaften Blick, mit dem Blaze durch den Raum spähte, und die nicht ganz menschliche Art, wie er den Kopf neigte. Blaze verlor selten die Kontrolle, was bedeutete, dass irgendetwas an dieser Entführung ihn wirklich aus der Fassung gebracht haben musste.
„Sie rufen mich, ich komme. So funktioniert das, Sir.“ Bez ergriff den Unterarm des Mannes und nickte ihm einmal zu, ein traditioneller Gestaltwandlergruß, der seinen Respekt vor dem dominanteren Wolf zeigte. Blaze ahmte die Bewegung nach; es war eine Bewegung, die man bei ihm nur selten sah, denn sie signalisierte, dass er Bez auf Augenhöhe akzeptierte.
„Ja, nun, ich weiß das zu schätzen.“ Blaze winkte Bez in Richtung der leeren Couch und ging selbst zu der, auf der Moira saß.
„Guten Abend, Bez“, sagte Moira und lächelte ihn an. Sie war neu in ihrer Gruppe; Blaze und Dante hatten sie erst vor Kurzem bei einer Veranstaltung gefunden, die sie jeden Dezember veranstalteten, um Schicksalsgefährten zusammenzuführen.
„Sie haben eine vierte Omega gekidnappt“, sagte Blaze mit einem Grollen in der Stimme. „Diesmal eine junge.“
Bez rutschte an die Kante der Couch und beugte sich nach vorne. „Wie jung?“
Blaze schüttelte den Kopf, offensichtlich um seinen Wolf unter Kontrolle zu halten, während ein lautes Knurren durch den Raum schallte.
Moira legte eine Hand auf Blazes Oberschenkel, um ihn zu beruhigen, bevor sie sich Bez zuwandte. Ihr Blick war fest und direkt. „Sie ist erst fünfzehn. Wir wussten nicht einmal, dass es in diesem Rudel eine Omega gibt. Der Alpha hat sich in den letzten dreißig Jahren geweigert, der NVLB Volkszählungsdaten zur Verfügung zu stellen und hat auf unsere Warnungen bezüglich der Entführungen nicht reagiert. Was wir herausgefunden haben, ist, dass das Rudel relativ klein war: nur sechzehn Mitglieder, die alle auf einem kommunenähnlichen Grundstück in der Gegend von Texahoma lebten.“
„War?“ Bez kannte die Frau gut genug, um zu wissen, dass sie sich nie falsch ausdrückte. Wenn Moira „war“ sagte, wären die Neuigkeiten über dieses Rudel keine guten.
Moira blinzelte und schürzte ihre Lippen. „Sie wurden vernichtet. Außer der Omega hat nur ein einziges Rudelmitglied den Angriff überlebt.“
„Das hoffen wir zumindest.“ Blaze biss die Zähne zusammen, ein Muskel zuckte in seinem Kiefer. „Der Überlebende starb kurz nachdem er gefunden wurde, aber er konnte uns ein paar Informationen geben.“
Dante ging durch den Raum und griff nach einer Fernbedienung, um den Flachbildfernseher über dem Kamin einzuschalten. Der Bildschirm wurde hell und zeigte das Bild eines Mannes. Es war düster und leicht unscharf und stammte offensichtlich von einem Weitwinkelobjektiv. Höchstwahrscheinlich war es das Werk von Schattenwolf Levi, der Bilder von den Gestaltwandlern sammelte, denen er begegnete, anstatt sie mental zu katalogisieren, wie Bez es tat. Gut so… der Mann auf dem Bildschirm war einer, den Bez noch nie getroffen hatte.
„Harkens Thearouguard, früher beim Nez-Perce-Rudel in Idaho.“ Dante blätterte durch eine Handvoll Bilder, allesamt Aufnahmen des Mannes. „Achtundsiebzig Gestaltwandlerjahre alt, ungefähres menschliches Aussehen Mitte dreißig, dunkelbraune Haaren und Augen. Sein Wolf ist ein Tundrawolf, überwiegend schwarz mit braunen Schattierungen. Die letzte dokumentierte Sichtung durch einen NVLB-Regionalbeamten gab an, dass Harkens in menschlicher Gestalt 1,78 m groß war und als Wolf von der Nase bis zum Schwanz ungefähr die gleiche Größe hatte. Er verließ das Nez Perce Rudel vor acht Jahren und wurde seitdem von keinem NVLB-Beamten mehr gesehen. Der überlebende Rudelkamerad identifizierte ihn als einen der Angreifer.“
„Harkens ist also mein Ziel.“ Bez betrachtete das Bild auf dem Bildschirm und prägte sich jeden Gesichtszug des Mannes genau ein. „Sonst noch was?“
Dante blickte Moira an, Unbehagen hatte sich in seinem Gesicht ausgebreitet. „Der Rudelkamerad der Omega war dem Tode nahe, als er gefunden wurde. Fast völlig ausgeblutet. Der Gestaltwandler, der mit ihm gesprochen hat, konnte nicht sicher sagen, ob der Mann am Ende noch bei klarem Verstand war oder nicht.“
Bez lehnte sich zurück und hob eine Augenbraue, fasziniert von der Zurückhaltung in Dantes Stimme. „Und weiter?“
Aber Dante konnte – oder wollte – seinen Gedanken nicht zu Ende führen. Weder er noch Blaze schienen bereit zu sein, sich dazu zu äußern, was mit dem Rudel passiert sein könnte.
„Oh, verdammt noch mal.“ Moira beugte sich nach vorne, das Gesicht voller Wut. „Dawes murmelte immer wieder etwas davon, dass die Angreifer ein Monster mitgebracht hätten. Eines, das nur die Weibchen des Rudels angreift.“
„Glaubst du, sie haben einen Werwolf gefangen?“, fragte Bez und hob erneut eine Augenbraue, weil diese Möglichkeit so unwahrscheinlich erschien. Werwölfe konnten nicht gefangen und abgerichtet werden wie Zirkusaffen.
Sie lehnte sich verärgert zurück. „Natürlich. Was gibt es denn sonst noch für Kreaturen, vor denen ein Gestaltwandler sich fürchtet und die nur Frauen jagen?“
Die Frechheit, mit der sie Bez begegnete, ließ ihn abermals eine Augenbraue heben. Sie hatte ihn schon immer beeindruckt – vom ersten Moment an, als sie sich kennengelernt hatten. In einem dunklen Korridor bei der letzten Versammlung hatte Moira ihn angelächelt und verzaubert, indem sie Gefährten beschützte die sie nicht kannte, da sie nichts über sie oder ihre Beziehung zu den Schattenwölfen wusste. Sie hatte sich sozusagen selbst den Löwen zum Fraß vorgeworfen und sich dann mit einer einzigen, selbstlosen Tat bewährt. Das Mädchen war mutig, und vor Mut hatte er immer Respekt. Obwohl er ihre Theorie, dass tatsächlich ein Werwolf an der Entführung beteiligt war, ernsthaft anzweifelte.
„Moira“, sagte Blaze, seine Stimme war leise, aber voller Frustration.
Bez sagte nichts und hielt seine Augen auf den Bildschirm gerichtet, um der Triade das bisschen Privatsphäre zu bieten, das er konnte. Er hasste es, den dreien beim Streiten zuzuhören. Wie der Rest seiner Schattenwolf-Brüder hatte er seine Gefährtin nie gefunden, und erwartete es auch nicht. Die meisten Wolfsmenschen wurden nicht viel älter als hundert Jahre, bevor sie die Person fanden, die das Schicksal für sie vorgesehen hatte. Aber die Schattenwölfe unterschieden sich von ihren Cousins. Alle sieben hatten so viele Jahrhunderte ohne Gefährtin gelebt, dass sie aufgehört hatten zu zählen.
Dante entfernte sich von der Rückenlehne der Couch und kniete sich vor Moira und Blaze. „Werwölfe ernähren sich nur von weiblichen Gestaltwandlern, mein Täubchen. Wenn der Vollmond aufgeht, töten sie alles, was zwischen ihnen und ihrer nächsten Mahlzeit steht. Sie sind hirnlose Bestien, absolut unzähmbar.“
Moiras Augen wurden weich, ihre Schultern entspannten sich. „Ich weiß, aber…“
Blaze stand auf und stürmte durch den Raum, dann nahm er eine Karaffe und schenkte sich ein Glas einer Flüssigkeit ein, die wie Whiskey aussah. Moira ging ihm hastig hinterher.
Bez teilte seine Aufmerksamkeit und beobachtete das Paar verstohlen, während er sich weiterhin Harkens Gesicht einprägte. Durch seine führende Position in Blazes vertrautestem Team und als Moiras erste Leibwache wusste Bez mehr über ihre Beziehung, als die meisten Gestaltwandler es jemals würden. Er wusste genau, wie sehr Blaze um Moiras Sicherheit fürchtete, und er wusste, dass der Mann genauso große Angst um Dante hatte, auch wenn er sie nicht so offen zeigte. Bez verstand diese Art von Sorge nicht, da ihm noch nie jemand so viel bedeutet hatte. Für ihn schienen diese Dinge übertrieben und zeitraubend.
Schließlich setzten sich die beiden Gefährten wieder zu Dante auf die Couch gegenüber von Bez. Beide sahen nicht glücklich aus, schmiegten sich aber trotzdem aneinander.
Blaze hustete. „Ich muss mich entschuldigen…“
„Sie entschuldigen sich für nichts, Sir.“ Bez nickte in Richtung des Bildschirms, dankbar dafür, wieder über die Arbeit sprechen zu können. „Irgendwelche Hinweise auf den aktuellen Standort der Zielperson?“
Dante schüttelte den Kopf. „Vor dem Angriff wurde er ein paar Mal mit zwei anderen Gestaltwandlern gesichtet. Es wurde angenommen, dass sie ein eigenes kleines Rudel von Außenseitern gegründet hatten, obwohl wir das nicht definitiv bestätigen konnten. Er wurde in New Orleans und Baton Rouge gesichtet, immer Ende Februar. Allerdings hat ihn seit fast einem Jahr niemand mehr gesehen.“
Bez schnaubte und rieb sich mit einem Finger über den Kiefer, während sich die Puzzleteile hinter Harkens in seinem Kopf zusammenfügten. „Natürlich nicht. Es ist noch nicht an der Zeit.“
Blaze wandte den Kopf, um Bez einen fragenden Blick zuzuwerfen. „An der Zeit wofür?“
„Für die Eröffnung des Bordells.“ Bez stand auf und ging in Richtung Tür, zu unruhig, um noch länger zu warten. Sogar sein Wolf schien ungeduldig zu sein, die Bestie winselte danach, freigelassen zu werden. Er sehnte sich nach dem Rausch der Jagd. „Miss Terris öffnet Anfang März. Es ist das einzige Bordell im Süden, das Personal hat, das sich um die einzigartigen Vorlieben eines Gestaltwandlers kümmert. Diese Art von Diskretion ist allerdings nicht billig, was bedeutet, dass unser Kerl das ganze Jahr über hart gearbeitet hat, um seine Konkubine für die Paarungszeit bezahlen zu können.“
„Also müssen wir dem Geld folgen“, sagte Moira.
„Genau.“ Als Bez den Flur erreichte, hielt er inne und warf dem einzigen Nicht-Schattenwolf, von dem er je Befehle entgegengenommen hatte, einen Blick zu. „Zurückbringen oder das Ziel zerstören, Sir?“
„Zurückbringen.“ Blaze warf einen Blick auf Moira, die ihn selbstbewusst und stark anstarrte. „Ich glaube nicht, dass er diese Entführungen geplant hat, aber wir brauchen ein vollständiges Verhör, um sicher zu sein. Die Rettung des Kindes ist unser Endziel.“
Bez nickte. „Ja, Sir. Sie wissen, ich werde mich darum kümmern.“
„Ich weiß; deshalb haben wir dich gerufen.“ Blaze begleitete Bez den Flur hinunter und über die Schwelle zwei massiver Türen, die seinen privaten Bereich abgrenzten. Vom Boden erstreckten sich die mächtigen, schalldichten Türen zehn Meter in die Höhe bis zu den gewölbten Decken. Dunkel und schwer, erinnerten sie an die Schreinertalente eines Rudelbruders von Bez. Schattenwolf Mammon hatte sie geschnitzt, nachdem er einen Wächter beim Verkauf von Informationen über Dante erwischt hatte. Mammon hatte herausgefunden, dass der gierige Scheißkerl vorhatte, den Präsidenten zu entführen und seinen Gefährten als Pfand zu benutzen – ein Plan, den er für schwach, feige und verabscheuungswürdig hielt. Nachdem Bez den Verkäufer und den Käufer aufgespürt hatte, waren die Schattenwölfe als Rudel losgezogen, um die Bedrohung zu beseitigen, etwas, das sie nur selten tun durften. Aufgrund der Tatsache, dass Blaze in ständiger Gefahr schwebte und jedes Mitglied ihres Rudels unterschiedliche Fähigkeiten besaß, neigten sie dazu, getrennt zu arbeiten und sich auf die Putzer als Soldaten und Unterstützung zu verlassen. Aber in dieser Nacht waren sie als Einheit vorgegangen, siegreich wie immer. Zwei Tage später begann Mammon mit den Türen. Er schnitzte und hobelte das Holz mit den Klauen und Zähnen der verräterischen Wölfe direkt auf der vorderen Wiese von Merriweather Fields, um sicherzugehen, dass jeder Gestaltwandler im Team die Strafe verstand, die es nach sich zog, wenn man Geld über Loyalität stellte.
Die Türen boten zwei Ebenen von Schutz: eine physische durch ihre Solidität und ihr Gewicht, die andere akustisch. Einmal geschlossen, erstickten die Türen jedes noch so laute Geräusch von der anderen Seite. Blaze hatte die beiden soeben von Dante und Moira abgeschirmt, um ihre Unterhaltung so privat wie möglich zu machen, obwohl ein starker Gestaltwandler auf dem Hauptflur sie belauschen könnte, sollte er es versuchen. Bez nahm aber an, dass keiner der Wachmänner im Haus sich dieser Versuchung hingäbe, da niemand wusste, was die Putzer dann mit ihnen anstellen würden.
Bez stand in Paradehaltung und wartete auf seine wahren Befehle, sein Nacken steif und seine Schultern hart vor Anspannung. Manche Dinge sollten nicht vor anderen besprochen werden, das hatte er vor langer Zeit gelernt. Und auch sein Präsident wusste das. Blaze warf einen Blick über Bez‘ Schulter und lehnte sich dann dicht an ihn heran.
„Die offizielle Mission besagt, dass Harkens zum Verhör gesucht wird“, flüsterte Blaze mit weit mehr Luft als Stimme, woraufhin Bez fragend die Stirn runzelte. Einen Augenblick lang schürzte Blaze die Lippen. „Inoffiziell hast du meine Erlaubnis, alles zu tun, was nötig ist, und die gesamte NVLB oder meine persönlichen Ressourcen zu nutzen, um Harkens auf deine Weise zu verhören. Ich will, dass diese Omega wohlbehalten nach Fields zurückkommt, und ich will, dass du das Team der Entführer mit ihr herbringst.“ Blaze lehnte sich zurück und begegnete Bez‘ stählernem Blick mit seinem eigenen. „Harkens ist nicht unser Mann und weiß wahrscheinlich nicht einmal, wer der Hauptverantwortliche ist, aber er ist nah genug dran, um zu wissen, wie wir es herausfinden können.“
Bez hatte den Präsidenten verstanden, fragte aber trotzdem: „Und Harkens‘ Schicksal?“
Blazes Augen glühten, sein Wolf drängte nach vorne, als er knurrte: „Kein Thema. Harkens ist nichts weiter als ein Mittel zum Zweck. Bring mir meine Omega und die Leute, die sie festhalten.“
„Verstanden, Sir.“ Bez ließ Blaze im Flur zurück und ging zu den Türen, die aus dem Flügel führten. Sein Wolf wollte losstürmen, war begierig darauf, die Jagd zu beginnen. Und wenn Bez ehrlich zu sich selbst war, war er es auch. Blaze wollte Harkens tot sehen; deshalb waren die letzten Atemzüge des Gestaltwandlers bereits gezählt.
Es war Zeit zu jagen.